Eine lachende Frau trägt ein Kind auf dem Arm.

Kinderwunsch Solo-Mama per Samenspende

Stand: 14.05.2024 06:41 Uhr

Immer mehr Frauen ohne männlichen Partner entscheiden sich für eine Schwangerschaft durch Samenspende. Die Gründe dafür sind unterschiedlich - und der Weg der Solo-Mamas ist nicht immer einfach.

Von Katharina Bruns, HR

"Ich habe bewusst eine Entscheidung getroffen, mein Kind zu bekommen, ohne dass es einen Vater hat. Ich hätte einen Partner finden können. Ich hätte noch warten können. Ich hätte nicht Mama werden können. Aber ich wollte einfach Mama werden und ich wollte nicht mehr warten", sagt Clara, die ihren Nachnamen nicht nennen möchte.

Die 36-Jährige aus Wiesbaden ist Mutter eines dreijährigen Kindes, doch den Vater kennt sie nicht persönlich, denn sie ist Solo-Mama. Schon mit Anfang 30 entschied sie sich, nach einer gescheiterten Ehe durch eine Samenspende ein Kind zu bekommen - und sie ist kein Einzelfall. Wie Clara geht es immer mehr Frauen in Deutschland. Bei der Berliner Samenbank sind es laut aktuellem Stand 39 Prozent alleinstehende Frauen, 41 Prozent lesbische Paare und 20 Prozent heterosexuelle Paare, die Samen empfangen.

Warum Samenspende?

Die Frauen, die sich für diesen Weg entscheiden, haben ganz unterschiedliche Gründe und Ausgangssituationen: Es kann zum Beispiel sein, dass der aktuelle Partner kein Kind will oder sich einfach nicht festlegen kann. Es sind auch Frauen, die aktuell keinen Partner haben, aber sich unbedingt ein Kind wünschen und sich auch vorstellen können, es alleine groß zu ziehen oder in einer Co-Partnerschaft. Auf eine Samenspende greifen auch Frauen zurück, die sich selbst als aromantisch und asexuell bezeichnen würden.

Immer mehr Frauen wollen Single-Mamas werden

Die Zahl der Kinderwunschbehandlungen von Solo-Müttern via künstliche Befruchtung im Labor ist von 146 im Jahr 2018 auf 1.287 im Jahr 2022 gestiegen. Das geht aus den Daten des Deutschen IVF-Registers hervor. Die Zahlen liegen aber laut dem Vorsitzenden des Arbeitskreises Donogen Insemination, Andreas Hammel, noch höher, weil im Register erst seit neuestem die Behandlungsmethode Insemination miteinbezogen wird.

Bei der Insemination wird Frauen, bei denen keine besonderen Schwierigkeiten vorliegen, Sperma direkt in den Uterus injiziert und es muss keine Zusammenführung von Sperma und Eizelle im Labor erfolgen wie bei der In-Vitro-Fertilisation (IVF). Frauenarzt Hammel erklärt zudem, dass bis dato "nur etwa ein Drittel der deutschen Institutionen Ihre Behandlungszahlen melden". Zudem würden im Register auch nicht die Personen aufgelistet, die für eine Behandlung ins Ausland gehen.

Viele Frauen würden immer noch nach Dänemark fahren, sagt Bloggerin Hanna Schiller. Sie ist selbst eine Solo-Mama und setzt sich seit vielen Jahren mit diesem Thema auseinander: "In Deutschland sind die angehenden Mamas bei ihrem Weg noch einigen Hürden ausgesetzt und sie berichten davon, dass die Atmosphäre und der Service dort viel besser sei", berichtet sie.

Nicht alle Kinderwunschkliniken behandeln Single-Frauen

Auch Hanna hat sich unter anderem schon in Dänemark behandeln lassen. Auf ihrem Blog und bei Instagram möchte sie Frauen, die den Wunsch verspüren, Mutter zu werden, ohne einen männlichen Partner zu haben oder in einer lesbischen Beziehung sind, eine Hilfestellung geben. Auch Solo-Mama Clara hat viele ihrer Infos durch sie bekommen.

Auf ihrer Website listet Schiller zum Beispiel auf, in welchen Kinderwunschkliniken sich Frauen überhaupt behandeln lassen können, denn nicht alle in Deutschland bieten eine Befruchtung für Frauen ohne Partner an, wenngleich die Zahl steigend ist. Eine Hürde seien manchmal die Anforderungen der Kliniken: "Manche wollen zum Beispiel eine sogenannte Garantieperson. Für den Fall, dass der Frau etwas zustößt oder sie es sich finanziell nicht mehr leisten kann", so Hanna.

Das hält sie für nicht tragbar und versteht, wieso diese Forderung bei vielen Frauen auf Ablehnung stößt: "Wenn ich mich ganz allein dafür entschieden habe, ohne Partner oder Partnerin ein Kind zu bekommen, möchte ich niemand anderen dazu verpflichten, für mich beziehungsweise mein Kind finanziell aufkommen zu müssen."

Was, wenn das Kind fragt: Wer ist mein Papa?

Zudem empfehlen oder fordern Kliniken meist, dass die Frauen vorab eine psychosoziale Beratung machen. Die hält die erste Stellvertreterin der Deutschen Gesellschaft für Kinderwunschberatung, Katharina Horn, die eben diese Beratung anbietet, auch für sinnvoll. Die Forschung habe gezeigt, dass es für die Identität des Kindes wichtig sei, es über die Herkunft aufzuklären. Deswegen sollten die Mütter vorbereitet sein, wie sie später dem Kind erklären, wie es entstanden ist.

Es sei auch wichtig, auf die anstehende Familienkonstellation gut vorzubereiten, und zum Beispiel Fragen zu besprechen wie: Wie geht man mit genetischen Halbgeschwistern um. "Ich möchte den Frauen die Angst vor der psychosozialen Beratung nehmen", sagt Horn. "Das ist kein Gutachten, was erstellt wird, ob jemand fit ist, eine Mutter zu sein. Die Beratung soll keinen belehrenden oder prüfenden Charakter haben, sondern einen aufklärenden." Sie würde sich wünschen, dass - sei es Hetero-Paar oder Single - jeder einen Anspruch auf kostenlose psychologische Betreuung hätte. Bislang wird die Beratung nicht von der Kasse übernommen.

Ist die Forderung nach einer Garantieperson überholt?

Von einer Forderung nach einer Garantieperson hält der Anwalt für Kinderwunschrecht, Andreas Maria Wucherpfennig, nichts: "Ich halte das für völlig nichtig. Für was sollen diese Personen denn garantieren? Unterhalt läuft nicht nach Verabredung, sondern nach Gesetz. Diese Erklärung kann also jederzeit widerrufen werden. Man macht sich damit nicht unterhaltspflichtig."

In diesem Fall setze ein Notar nur eine Unterschrift unter eine Erklärung zweier Personen, die aber vor Gericht keinen Bestand hätte. Eine gesetzliche Unterhaltsverpflichtung bestünde nur zwischen Eltern.

Dass Kliniken immer noch eine solche Person fordern, sei ein Relikt aus vor der Zeit vor dem Inkrafttreten des Samenspenderregistergesetzes, ist Anwalt Wucherpfennig überzeugt. Das Gesetz besagt, dass nach 2018 gezeugte Kinder ab einem Alter von 16 Jahren künftig bei einer zentralen Stelle erfahren dürfen, wessen Samen bei der künstlichen Befruchtung verwendet worden ist, weil sie ein Recht darauf haben, ihre Herkunft zu erfahren.

Das Recht wurde höher als die Schweigepflicht der Kliniken eingestuft. Zudem ist in dem Gesetz geregelt, dass der Samenspender zu keiner Unterhaltszahlung verpflichtet wird und keine Rolle im Leben des Kindes spielt.

Die Kosten für eine Behandlung können variieren

Single-Mutter Clara hatte mit ihrer Klinik Glück und hat sich gut aufgehoben gefühlt. Sie hat aus einem umfangreichen Katalog einer Samenbank einen Spender gefunden, der ihr zusagte und sich schlussendlich für eine Insemination entschieden. Hierbei liegen die Kosten bei etwa 1.500 bis 2.000 Euro. Bei einer künstlichen Befruchtung im Labor wie IVF oder ICSI kann man mindestens mit dem Doppelten rechnen.

Clara hat sich für die Behandlung ein finanzielles Polster zugelegt. Bei ihr hat es beim zweiten Versuch geklappt. Das ist aber nicht bei jeder Frau der Fall. Sie ist glücklich mit ihrer Entscheidung, bereut nichts und geht offen damit um.

Sie war schon früh transparent ihrem Sohn gegenüber: "Ich habe ihm von Anfang an am Wickeltisch erzählt, dass ich schon immer wusste, dass ich ein Kind haben möchte", erzählt sie. "Aber ich hatte keinen Partner und deswegen habe ich mir Hilfe geholt, weil ich wusste, ich will dich bekommen. Und jetzt bist du in meinem Leben und ich bin sehr glücklich darüber."

Entscheidend ist ein stabiles Umfeld

Eine Studie der Freien Universität Amsterdam aus dem Jahr 2017 besagt, dass Kinder von freiwillig alleinerziehenden Frauen weder auffälliges Verhalten noch mehr psychische Probleme als gleichaltrige Kinder aus traditionelleren Familienkonstellationen zeigen. Das kann auch Kinderwunschberaterin Katharina Horn bestätigen: "Es gibt auch keinen Beleg, dass ein Kind eine männliche Bezugsperson bräuchte. Ein Kind braucht einfach ein stabiles, liebevolles Umfeld."

Die Reportage "Samenspende - Ich wollte ein Kind ohne Vater" finden Sie in der ARD-Mediathek.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 13. Mai 2024 um 19:30 Uhr.