Baukräne eines Kranservice stehen hinter einer Löwenzahnwiese.
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Deutsche Konjunktur Die Erholungszeichen mehren sich

Stand: 07.05.2024 16:24 Uhr

Große Sprünge wird die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr nicht machen. Doch insbesondere die aktuellen Frühindikatoren lassen auf eine Wende zum Besseren hoffen.

Eine Analyse von Detlev Landmesser, ARD-Finanzredaktion

Pandemie, Kriege, Energiepreisschock: Bisher hat das neue Jahrzehnt nicht gerade ideale Voraussetzungen für eine gesunde Entwicklung von Konjunktur und Arbeitsmärkten geboten. Auch im Frühjahr 2024 liegt die deutsche Wirtschaft danieder. Mit einem schmalen Wachstum von 0,2 Prozent im ersten Quartal ist sie gerade einmal einer Rezession entronnen.

Doch aus der täglichen Flut verschiedenster Konjunkturdaten lässt sich zunehmend Hoffnung schöpfen. Insbesondere die Indikatoren, die Hinweise auf die künftige konjunkturelle Entwicklung bieten, geben dazu Anlass.

Frühindikatoren signalisieren Wachstum

Zuletzt ließen die Einkaufsmanagerindizes für Deutschland und die Eurozone im April aufhorchen. Die Ökonomen befragen dafür bewusst diejenigen Verantwortlichen, die sowohl die Lage ihres Unternehmens als auch seiner Beschaffungsmärkte beurteilen müssen, nach ihren aktuellen Geschäftsaussichten.

Für die Eurozone ergab der aktuelle Index von S&P Global einen weiteren Anstieg auf 51,7 Punkte, den höchsten Stand seit Mai 2023. Werte über 50 deuten dabei auf eine Zunahme der geplanten Geschäfte, also auf Wachstum hin. Der entsprechende Einkaufsmanagerindex für Deutschland, der die Teilindizes für Industrie und Dienste zusammenfasst, sprang im April erstmals seit Juni 2023 wieder über diese Schwelle auf einen Wert von 50,6.

Als wichtigster deutscher Frühindikator hat sich seit Jahren der vom Münchener ifo-Institut erhobene Geschäftsklimaindex etabliert. Und auch dieser Indikator, der die Stimmung in den Chefetagen misst, hat zuletzt ein viel beachtetes Signal geliefert, nämlich den dritten Anstieg in Folge. Nach aller Erfahrung deutet diese Konstellation auf eine Zunahme der wirtschaftlichen Aktivität hin.

Auftragslage der Industrie ernüchternd

Das soll nicht über die tiefgreifenden Probleme hinwegtäuschen, über die andere Indikatoren Auskunft geben. So bleibt der Rückgang der Industrieaufträge im ersten Quartal von 4,3 Prozent ernüchternd, und auch der Wohnungsbau scheint noch weit von einer Erholung entfernt. Schließlich erhält auch die Wirtschaftspolitik in Deutschland von vielen Ökonomen nicht die besten Noten. Von einer "jahrelangen Erosion der Standortqualität" spricht etwa Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer.

Und doch gibt es in weiteren Wirtschaftsbereichen Anlass zur Hoffnung - gerade auch in solchen, die zuletzt Sorgen bereitet hatten. So deuten die jüngsten Exportdaten auf eine deutliche Belebung des zuvor rückläufigen China-Geschäfts hin. Im März stiegen die Gesamtausfuhren gegenüber Februar um 0,9 Prozent. Nach China wurde dabei 3,7 Prozent mehr exportiert.

Konsumlaune erholt sich

Vor allem aber tut sich etwas beim inländischen Konsum, der einen Großteil der Wirtschaftsleistung ausmacht und der in den vergangenen zwei Jahren besonders unter der hohen Inflation gelitten hatte. Zwar liegt die Konsumlaune historisch betrachtet weiter auf bescheidenem Niveau. Dennoch sind die deutschen Verbraucher auch dank der sinkenden Teuerung so gut wie seit zwei Jahren nicht mehr gestimmt.

Der von den Marktforschern der GfK und des NIM erhobene Konsumklimaindex stieg im Mai überraschend deutlich um 3,1 auf minus 24,2 Punkte. Das war der dritte Anstieg in Folge und schlägt sich in den jüngsten Einzelhandelsdaten nieder: Im März setzten die deutschen Einzelhändler inflationsbereinigt 1,8 Prozent mehr um als im Vormonat. Das war der größte Zuwachs seit November 2021.

Zinsperspektiven verbessern Geschäftsaussichten

Im zweiten Halbjahr dürfte mit der Zinsentwicklung ein weiterer wesentlicher Faktor zum Tragen kommen. Dieser dürfte auch wichtiger sein als die durch eine etwaige neue Ära Trump drohende Verschärfung der bereits vorhandenen protektionistischen Tendenzen in den USA. Ob die EZB mit ihren Zinssenkungen wie signalisiert am 6. Juni beginnt oder später: Das Zinsniveau und damit die Kosten für die Kapitalaufnahme werden sinken, was sich bereits heute in den geschäftlichen Aussichten der Unternehmen niederschlägt.

Die vorausschauenden Indikatoren vermitteln also eine recht eindeutige Botschaft: Auch wenn die deutsche Wirtschaft insgesamt in diesem Jahr nur leicht vorankommen wird, dürfte ihr eine weitere Rezession nach dem 0,2-prozentigen Rückgang 2023 erspart bleiben.